Auf dieser Seite haben wir verschiedene Urteile zum Thema Recht rund ums Pferd zusammen gestellt. Jedes dieser Urteile stellt eine Entscheidung im Einzelfall dar! Diese Entscheidungen können zwar richtungsweisend sein ersetzen aber keine Rechtsberatung.
Was ist ein mangelhaftes Pferd?
Bei Warmblut-Reitpferden stellen „sklerotische Veränderungen der Wirbelsäule“, also Fehlstellungen des Skelettes, im Regelfall keinen Sachmangel dar, der zur Rückgabe des Pferdes berechtigt, weil die Mehrzahl von Warmblütern über eine lädierte Wirbelsäule verfügt, ohne dass dies Beschwerden hervorruft. Ein Tier ohne Fehler gab es bisher nicht.
(Oberlandesgericht Celle Az. 7 U 252/05)
Kaufrücktritt wegen Pferdeallergie
Ein im Frühling gekauftes Pferd darf im Sommer zurückgegeben werden, wenn bei ihm eine Allergie festgestellt wird, die durch sommerliche Mückenstiche ausgelöst wird. Im konkreten Fall, der dem Bundesgerichtshof vorlag, trat der Mangel innerhalb von sechs Monaten auf. Das Pferd muss also schon zum Zeitpunkt des Verkaufs krank gewesen sein.
(Bundesgerichtshof: Az. VIII ZR 173/05)
Haftung bei Proberitt
Bei Stürzen während Proberitten haftet der Eigentümer des Pferdes.
Im zu entscheidenden Fall machte eine Frau, die ein Pferd kaufen wollte, einen Proberitt und stürzte dabei schwer. Das Gericht verpflichtete den Eigentümer des Pferdes zu Schmerzensgeld- und Schadenersatzzahlung, obwohl die Frau unterschrieben hatte, sich "freiwillig und mit Einverständnis des Besitzers" auf das Pferd gesetzt zu haben.
(Landgericht Itzehoe Az. 3 O 262/00)
Pferd verursacht Unfall
Büxt einem gewerblichen Tierhalter ein Pferd aus und verursacht auf einer nahe gelegenen Straße einen Unfall, muss der Besitzer für den Schaden aufkommen. Das gilt selbst dann, wenn Unbekannte dem Pferd die Hoftore offen gelassen haben.
(Oberlandesgericht Nürnberg Az. 9 U 3987/03)
Pferdebesitzerin haftet nicht für schwerverletzten Hengst nach Tritt ihrer Stute bei der Paarung
Verletzt eine Stute durch Austreten während der Paarung den Hengst so schwer, dass dieser eingeschläfert werden muss, kann sich damit eine Tiergefahr realisieren, für die die Halterin der Stute grundsätzlich haftbar ist. Wenn aber die Eigentümerin des Hengstes in Kauf nimmt, die Paarung durch Führen der Pferde am langen Zügel ohne jede Sicherungsmaßnahmen durchzuführen, handelt sie auf eigene Gefahr, muss das Risiko selbst verantworten und kann es nicht auf die Halterin der Stute abwälzen. Dies entschied das Oberlandesgericht Koblenz.
Im zugrunde liegenden Streitfall vereinbarten die Parteien Mai 2011, dass der Araberhengst der Klägerin aus einem Gestüt im Rheingau die Stute der Beklagten aus Rheinhessen decken sollte. Die Bedeckung sollte nicht durch künstliche Besamung, sondern auf natürliche Weise (Natursprung) erfolgen, wobei Hengst und Stute am langen Zügel geführt wurden. Auf eine Sicherung der Stute durch Spannstricke oder eine Verpaarung im Probierstand wurde einvernehmlich verzichtet. Nachdem sich die Pferde auf einer Wiese im Rheingau beschnuppert hatten, signalisierte die Stute ihre Paarungsbereitschaft und der Hengst sprang von hinten auf sie auf. Als er mit den Vorderbeinen wieder auf dem Boden landete, trat die Stute nach hinten aus. Der Tritt traf den Hengst am rechten Vorderbein, wodurch er einen nicht operablen Trümmerbruch erlitt und noch am selben Tag eingeschläfert werden musste.
LG: Überwiegendes Mitverschulden der Besitzerin des Hengstes schließt Haftung der Stutenbesitzerin aus
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte müsse als Halterin der Stute für den Tritt haften und begehrt insbesondere Ersatz für den Wert des Pferdes in behaupteter Höhe von 25.000 Euro. Die Beklagte erwidert, die üblichen Sicherheitsvorkehrungen seien außer Acht gelassen worden, so dass die Klägerin selbst für den entstandenen Schaden verantwortlich sei. Bereits das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin als Halterin und Eigentümerin des Hengstes habe auf jede Maßnahme zum Schutz ihres Tieres vor Verletzungen verzichtet. Das daraus resultierende überwiegende Mitverschulden schließe eine Haftung der Beklagten aus.
Selbstverschuldete Verletzung des Tieres schließt Anspruch auf Schadensersatz aus
Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Klägerin hatte nun vor dem Oberlandesgericht Koblenz keinen Erfolg. Das Gericht legte in seiner Entscheidung dar, dass sich zwar in dem Austreten der Stute eine typische Tiergefahr realisiert habe, so dass der Klägerin ein Anspruch zwar grundsätzlich zustehen könnte. Dieser scheitere aber daran, dass die Klägerin während der Deckung ihren Hengst nicht geschützt, damit auf eigene Gefahr gehandelt und die Verletzung des Pferdes selbst verschuldet habe. Das Austreten der Stute während der Paarung sei ein natürliches Verhalten, mit dem während eines Deckaktes zu rechnen sei. Weil die Pferde am Zügel gehalten worden seien, hätten sie die Zwischenschritte der Kontaktaufnahme nicht wie beim freien Decken ausleben können. Trotzdem habe die Klägerin keine Maßnahmen zum Schutz ihres Hengstes ergriffen und sei das Verletzungsrisiko sehenden Auges eingegangen.
Haftung der Beklagten für das Verhalten ihrer Stute entfällt vollständig
Der Geschädigte könne den Schädiger aber dann nicht mit Erfolg in Anspruch nehmen, wenn er sich bewusst in eine Situation drohender Eigengefährdung begeben habe. Durch das Zuführen des Hengstes zur Stute in der konkreten Art und Weise ohne jede Sicherungsmaßnahme folge eine bewusste Risikoübernahme mit der Folge, dass die Haftung der Beklagten für das Verhalten ihrer Stute vollständig entfalle.
Oberlandesgericht Koblenz, Beschluss vom 10.06.2013
-3U 1486/12-
Kein Anspruch auf Schadensersatz: Unaufgeklärter Reitunfalls geht zu Lasten der verletzten Reiterin
Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls, eine Agrarwissenschaftlerin aus Rheda-Wiedenbrück mit langjähriger Reiterfahrung, verunfallte am 28. Dezember 2007 mit einem von der Beklagten aus Bielefeld auf einem Hof in Rheda-Wiedenbrück gehaltenen Pferd. Von diesem stürzte sie bei einem unbegleiteten Ausritt in einem Waldgebiet hinter dem Ortsteil Rheda. Sie erlitt schwere Verletzungen, u.a. am Kopf, und ein Unfalltrauma, so dass sie über keine konkrete eigene Erinnerung an das Unfallgeschehen verfügt. Sie hat behauptet, im Unfall habe sich eine typische Tiergefahr verwirklicht, weil das Pferd unerwartet gescheut und unkontrolliert durchgegangen sei. Zum Sturz sei es gekommen, weil das Tier ins Unterholz durchgebrochen sei, wodurch sei mit einem Ast kollidiert und vom Pferd gefallen sei. Von der Beklagten als Tierhalterin verlangte sie Schadensersatz, u.a. ein Schmerzendgeld in der Größenordnung von 40.000 Euro und den Ausgleich einer monatlichen Erwerbsminderung von ca. 3.400 Euro.
Nicht jeder Sturz eines Reiters kann auf tierisches Verhalten zurückgeführt werden
Sturz vom Pferd: Für Schadensersatzansprüche muss Zusammenhang zwischen Sorgfaltspflichtverletzung des Reitlehrers und Sturz klar erkennbar sein
OLG Frankfurt konkretisiert die Sorgfaltspflicht eines Reitlehrers
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat Schadensersatzansprüche gegen einen Reitlehrer zurückgewiesen, in dessen Reitunterricht eine Finanzbeamtin vom Pferd gestürzt war und sich dabei erhebliche Verletzungen zugezogen hatte. Das Gericht sah in der Handlungsweise des Reitlehrers keine Verletzung von Sorgfaltspflichten.
Im zugrunde liegenden Streitfall erhielt eine Finanzbeamtin in einer Reithalle in Hessen von dem beklagten Reitlehrer Einzelunterricht. Sie ritt auf einem 18-jährigen Wallach im Trab auf einer Kreisbahn in einer Hälfte der Reithalle. Der Reitlehrer, der auch Halter des Pferdes ist, stand in der Mitte des Zirkels. In der anderen Hälfte der Reithalle wurde zur selben Zeit von der Ehefrau des Beklagten eine Stute in Begleitung ihres freilaufenden Fohlens geführt. Stute und Fohlen verließen die Halle durch ein Tor und durchquerten dabei den Zirkel, in dem die Finanzbeamtin ritt. Im Zusammenhang damit änderte der Wallach abrupt seine Richtung und brach aus dem Zirkel aus. Hierdurch stürzte die Finanzbeamtin vom Pferd und erlitt einen Bruch eines Lendenwirbels.
Land Hessen stellt aus übergegangenem Recht Schadensersatzansprüche gegen den Reitlehrer
Das Land Hessen, bei dem die Finanzbeamtin beschäftigt ist, nahm den Beklagten aus übergegangenem Recht wegen der angefallenen Arztkosten und des während der Erkrankung der Beamtin fortgezahlten Gehalts in Anspruch.
Landgericht verneint Sorgfaltspflichtverletzung seitens des Reitlehrers
Das Landgericht wies die Klage nach einer Beweisaufnahme über den Unfallhergang mit der Begründung ab, der Reitlehrer hafte nicht, weil eine etwaige Sorgfaltspflichtverletzung, die ihm zur Last gelegt werden müsse, nicht ursächlich für den Unfall gewesen sei.
Reitlehrer hätte Schülerin auf ein Weiterreiten im "Schritt" auffordern müssen
Die hiergegen vom Land Hessen eingelegte Berufung blieb ebenfalls ohne Erfolg. Auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sah nach einer ergänzenden Befragung eines Sachverständigen keinen Schadenersatzanspruch gegen den Reitlehrer. Zwar habe der Beklagte seine Pflichten als Reitlehrer dadurch verletzt, dass er seine Schülerin weiter traben ließ, während die Stute und ihr Fohlen den Zirkel durchgequerten und die Halle durch das Tor verließen. In dieser Situation hätte er seine Schülerin zumindest auffordern müssen, lediglich im "Schritt" - also langsamer - weiterzureiten. Diese Vorsichtsmaßnahme sei deshalb geboten gewesen, weil in dieser Situation, die naheliegende Möglichkeit bestehe, dass das trabende Pferd wegen seines Herdentriebes mit einer plötzlichen Richtungsänderung den anderen nachfolgen wolle. Damit sei eine Gefährdung für den Reiter verbunden, wenn er im Trab oder Galopp reite, weil bei hohem Tempo eine unvorhergesehene Richtungsänderung des Pferdes vom Reiter nicht in jedem Falle durch Körperverlagerung aufgefangen werden und er deshalb stürzen könne. Demgegenüber sei imSchritt eine solche Richtungsänderung des Pferdes in der Regel auffangbar.
Zurechenbarer Kausalzusammenhang zwischen Sorgfaltspflichtverletzung und Sturz nicht erkennbar
Es fehle jedoch ein zurechenbarer Kausalzusammenhang zwischen der Sorgfaltspflichtverletzung des Beklagten und dem Sturz. Da der Wallach erst ausgebrochen sei, nachdem das Tor bereits wieder geschlossen war, sei davon auszugehen, dass er dies auch dann getan hätte, wenn die Schülerin auf Anweisung des Beklagten zunächst im Schritt und erst nach Schließen des Tores wieder angetrabt wäre. Der Wallach sei nämlich erst ausgebrochen, nachdem das Tor bereits wieder geschlossen gewesen war.